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Nio kürzt „Lifetime“-Versprechen und streicht kostenlose Batterie‑Swaps

Was einst als revolutionäres Kundenversprechen gefeiert wurde, endet nun für viele Nio‑Besitzer mit einer kalten Dusche: Der chinesische Elektroautobauer streicht überraschend den Zugang zu lebenslang kostenlosen Batterie‑Swaps – auch für treue Erstkäufer. Begründung: massiver Missbrauch.

Die Idee: Schnellladen durch Batteriewechsel

Nio führte 2019 das „Unlimited Free Battery Swap“-Programm ein. Käufer der ersten Modelle – etwa des ES8 Signature Edition – konnten so kostenlos und in wenigen Minuten ihre leere Batterie gegen eine vollgeladene tauschen. Besonders in den Anfängen der E‑Mobilität war das ein Alleinstellungsmerkmal.

Schleichender Rückzug

Doch mit dem Wachstum kamen Einschränkungen:

  • Ab 2020 war der kostenlose Tausch auf sechs, später auf vier Swaps pro Monat begrenzt.
  • Ab 2023 wurden auch Extradienste wie externe Stromabgabe (V2L) gedeckelt.

Juli 2025: Radikaler Schnitt

Seit dem 9. Juli berichten erste Besitzer in China, dass ihre Swap‑Privilegien ohne Vorwarnung gestrichen wurden – inklusive Batterie‑Garantie. Nio bestätigte, dass der Schritt gezielt gegen Nutzer gerichtet sei, die das System „zweckentfremdet“ hätten.

Die Tricks der Nutzer – und die Rechnung für Nio

Einige Fälle, die intern dokumentiert wurden, zeigen kreativen bis grenzwertigen Umgang mit dem Swap-System:

  • Fahrzeuge dienten als mobile Energiequelle für Gewerbebetriebe.
  • Ein Supermarkt‑Betreiber etwa nutzte sein Auto als Stromspeicher – und sparte 2.000 ¥ pro Monat.
  • Andere setzten Nio‑Modelle im Ride-Hailing oder als Mietfahrzeuge ein – was laut AGB strikt untersagt ist.

Nio reagierte bereits im Juni mit einem internen Meldesystem: Wer Regelverstöße meldet, bekommt Bonuspunkte. Fahrzeuge mit auffälligem Nutzungsverhalten werden automatisch eingeschränkt – oder komplett gesperrt.

evtrend.de-nio-kuerzt-lifetime-versprechen-und-streicht-kostenlose-batterieswaps-screenshot-2025-07-20-115159 Nio kürzt „Lifetime“-Versprechen und streicht kostenlose Batterie‑Swaps

Hohe Kosten, rote Zahlen

Hintergrund der Maßnahme ist auch wirtschaftlicher Druck. Laut offiziellen Angaben:

  • Eine Swap‑Station kostet rund 1,5 Mio. ¥ (210.000 USD)
  • Betriebskosten liegen bei 400.000 ¥ jährlich
  • Allein 2024 verursachte das Swap‑Netz 1 Mrd. ¥ (140 Mio. USD) an Verlusten
  • Im Q1/2025 verzeichnete Nio ein Defizit von über 6 Mrd. ¥ (840 Mio. USD)

Kunden reagieren enttäuscht

Viele betroffene Besitzer fühlen sich hintergangen. Sie argumentieren, das Versprechen sei Teil des ursprünglichen Kaufwerts gewesen – und jetzt stillschweigend zurückgenommen worden. „Ich habe über 600.000 ¥ für ein Premium‑Produkt bezahlt. Jetzt werde ich behandelt wie ein Betrüger“, zitiert ein Online‑Forum einen enttäuschten Nutzer. Rechtlich scheint Nio jedoch auf sicherem Boden zu stehen. Die Nutzungsbedingungen schließen kommerzielle Nutzung explizit aus. Dennoch wirft die Aktion Fragen zur Kundenbindung auf.

Ein Pionier rudert zurück

Nio war mit seinem Swap‑Modell ein Vorreiter. Doch wirtschaftliche Realität und Nutzermissbrauch zwingen das Unternehmen zum Strategiewechsel. Was bleibt, ist ein Reputationsschaden – und die Erkenntnis, dass „lebenslang“ in der E‑Mobilität kein festes Versprechen ist.

Die Regeln im Überblick:

  • Max. 4 kostenlose Swaps pro Monat (seit 2023)
  • Nur für privaten Gebrauch
  • Keine Ride-Hailing-, Mietwagen- oder Gewerbenutzung
  • V2L-Stromabgabe begrenzt auf 15 kWh/Monat
  • Verstoß kann Swap‑Recht, Garantie und Ladeprivilegien kosten

 

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