Fahrbericht: Mercedes-Benz CLA 250+ EQ – Fortschritt mit Kompromissen
Der neue Mercedes-Benz CLA 250+ mit EQ-Technologie will vieles auf einmal sein: effizienter Langstreckenstromer, technologischer Vorreiter und stilvoller Einstieg in die Premium-Elektromobilität. Und in vielen Punkten gelingt ihm das auch. Doch wo Licht ist, gibt es auch Schatten – gerade im Detail offenbaren sich kleine, aber entscheidende Schwächen.
Technisch setzt der CLA 250+ neue Maßstäbe in der Kompaktklasse. Die neue MMA-Plattform mit 800-Volt-System ermöglicht extrem schnelles Laden und eine beeindruckende Energieeffizienz. Der permanenterregte Synchronmotor mit 200 kW (272 PS) treibt die Hinterachse an, unterstützt von einem Zwei-Gang-Getriebe, das für effizienten Autobahnbetrieb und kräftigen Antritt gleichermaßen sorgt. Das Fahrverhalten ist souverän, aber nicht sportlich – die Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in etwa 6,7 Sekunden wirkt angemessen, aber unspektakulär.
Die eigentliche Sensation liegt in der Reichweite: Je nach Ausstattung und Reifen schafft der CLA 250+ im WLTP-Zyklus bis zu 792 Kilometer. Selbst im Alltag sind über 600 Kilometer ohne Ladestopp realistisch – das gelingt aktuell kaum einem anderen Serienfahrzeug dieser Klasse. Genauso beeindruckend ist die Ladeleistung: Bis zu 320 kW Gleichstrom ermöglichen 10–80 Prozent in rund 22 Minuten oder rund 300 Kilometer Reichweite in nur zehn Minuten Ladezeit. Ein echter Pluspunkt für Vielfahrer.
Auch digital zeigt der CLA 250+, was heute möglich ist. Das neue Betriebssystem MB.OS bringt eine moderne, KI-gestützte Benutzeroberfläche ins Fahrzeug, mit Sprachassistenz auf Basis von ChatGPT, Google Maps-Integration mit Ladeplanung und kontinuierlichen Over-the-Air-Updates. Die Bedienung erfolgt über zwei große, gestochen scharfe Displays, integriert in das MBUX Superscreen-System – technisch auf dem aktuellsten Stand.
Doch im Innenraum zeigt sich auch, dass Premium nicht überall gleichbedeutend mit hochwertig ist. Während oberhalb der Fensterlinie hochwertige Materialien verbaut sind, dominiert unterhalb der Augenlinie sichtbar Hartplastik – insbesondere im unteren Türbereich, an der Mittelkonsole und den unteren Armaturen. In einem Fahrzeug dieser Preisklasse wirkt das schlicht nicht stimmig. Zwar ist die Gestaltung modern und klar, aber das haptische Erlebnis bleibt hinter dem optischen Eindruck zurück.
Auch beim Platzangebot gibt es Einschränkungen. Das coupéhafte Design sorgt zwar für eine elegante Silhouette, geht aber zulasten der Kopffreiheit im Fond. Große Mitfahrer stoßen dort schnell an Grenzen. Die Beinfreiheit ist durchschnittlich, das Raumgefühl eher gedrungen. Der Kofferraum mit 405 Litern ist alltagstauglich, aber nicht üppig – immerhin ergänzt ein 101-Liter-Frunk vorn das Stauraumangebot.
Fahrdynamisch setzt der CLA auf Komfort statt Sportlichkeit. Die Lenkung ist leichtgängig und präzise, bietet jedoch wenig Rückmeldung. Die Federung ist gelungen abgestimmt und gleicht Unebenheiten ordentlich aus. Bei höheren Geschwindigkeiten dringen jedoch vereinzelt Windgeräusche ins Fahrzeug – insbesondere durch die rahmenlosen Türen.
Der Mercedes-Benz CLA 250+ EQ überzeugt mit exzellenter Effizienz, beeindruckender Ladegeschwindigkeit und moderner digitaler Ausstattung. Für Pendler und Langstreckenfahrer ist er ein echter Gewinn. Gleichzeitig bleibt er nicht frei von Kritik: Das enge Platzangebot im Fond, die sparsame Materialauswahl unterhalb der Augenlinie und das eher zurückhaltende Fahrverhalten stehen einer uneingeschränkten Premium-Anmutung im Weg. Wer mit diesen Einschränkungen leben kann, erhält jedoch ein technisch ausgereiftes und stilistisch gelungenes Elektroauto mit Langstreckenqualitäten.
Bilder: Mercedes-Benz Group AG
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